Ein slawenzeitliches Gräberfeld in Ketzin, Kr. Havelland

Erste Ergebnisse der archäologischen Baubegleitung 2011/12.
Vom Herbst 2011 bis ins Frühjahr 2012 wurde am Rande der Altstadt von Ketzin in der Baustraße, am Fußweg "An der Stege" und auf dem Gelände der Freilichtbühne und des ehemaligen Volkshauses die Regenentwässerung und die Oberfläche saniert. Aufgrund bekannter Knochenfunde in den 60er Jahren in diesem Bereich wurde vom Brandenburgischen Landesamt für Bodendenkmalpflege die archäologische Begleitung dieser Bauarbeiten angeordnet.

Im Januar 2012 wurden beim Abziehen der alten Oberfläche erste Gräber gefunden. Der folgende starke Frost verzögerte die Dokumentation etwas, so dass erst Mitte März die Arbeiten abgeschlossen wurden.

Das Gräberfeld war durch verschiedene Baumaßnahmen und die mehrfache Umgestaltung der Oberfläche bereits stark zerstört worden; lediglich 25 Gräber konnten noch ausgegraben werden. Die Gräber sind recht einheitlich angelegt. Alle Toten wurden auf dem Rücken liegend und in ungefährer West-Ost-Richtung bestattet; der Kopf liegt immer im Westen. Dies weist die Anlage als christliches Gräberfeld aus. Da einige Gräber durch spätere Bestattungen zerstört wurden, kann von einer längeren Nutzung ausgegangen werden. Bei den Toten handelte es sich um alle Altersstufen. Eine Geschlechtsbestimmung steht noch aus, es kann aber davon ausgegangen werden, dass beide Geschlechter bestattet wurden. In fünf Gräbern konnten neben den Knochen noch weitere Gegenstände geborgen werden. Zwei Gräber enthielten stark korrodierte kleinere Eisengegenstände, die nicht zu deuten sind. In einem Grab lagen im Bereich von Brust bis Becken des Skeletts Eierschalenfragmente von mehreren Eiern. An einem Schädel fand sich an der linken Schläfe ein Ring, bei einem Kind lagen im Halsbereich zehn Glasperlen.

Weder Schläfenring noch Glasperlen datieren die Gräber eindeutig; Bestattungen dieser Art sind in Ketzin vom 9. bis ins 13. nachchristliche Jahrhundert denkbar. Der Schläfenring und die Eierschalen deuten darauf hin, dass zumindest ein Teil der Toten Slawen waren. Die Schläfenringe sind typische Trachtbestandteile, Eierschalen werden öfter auf slawischen Gräberfeldern gefunden und in Richtung Fruchtbarkeitssymbolik gedeutet. Die Glasperlen sind relativ unspezifisch und kamen vermutlich in dieser Zeit in ganz Europa vor.

Text, Befundfoto: U. Bauer; Foto der Perlen: Grit Bethmann.
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Zwei Gräber des Gräberfeldes. Das jüngere Grab beinhaltet ein vollständiges, mäßig erhaltenes Skelett. Die Knochen des älteren Grabes sind sehr schlecht erhalten. Zu erkennen sind die beiden Unterschenkel mit Fußknochen und ein Armknochen. Die Orientierung der Gräber weicht deutlich von einander ab.

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Die Glasperlen aus dem Kindergrab.

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