Die Beinhauskapelle am Dom



Die Sanierung des Domumfeldes 1998 brachte in der Mitte der nördlichen Langhausseite ein massives achteckiges Mauerwerk zu Tage. Das Bild links ist von einem Turm am nordöstlichen Ende des Doms, dem Eulenturm, aus aufgenommen; links sind die Außenmauer und die Dachtraufe zu sehen. Der Innenraum hatte etwa die Maße von 7 m Breite und 11 m Länge und war halb in die Erde eingetieft. Obwohl an die Domnordseite anschließend, bestand kein Durchgang zum Dom. Der Eingang zur Kapelle wird an der Westseite vermutet, hier dürfte auch ein Treppenturm angebaut gewesen sein. Mörtel, Backsteinverband und Vergleichsbauten datieren das Gebäude in das 15.-16. Jh.
Das aus Feldsteinen errichtete Fundament wird aufgrund der Lage und Form als Fundament einer Beinhauskapelle gedeutet. Der Bereich nördlich des Doms wurde bis Ende des 18. Jh. als Domfriedhof genutzt. Zu vermuten ist, dass bereits im Spätmittelalter die Fläche für neue Gräber nicht mehr ausreichte. Üblich war damals, die älteren Gräber auszuräumen um Platz für neue Bestattungen zu schaffen. Die Knochen wurden dann meist in einem Beinhaus aufbewahrt. Eine Beinhauskapelle war zweigeschossig angelegt; im eingetieften Untergeschoss wurden die Knochen gelagert, das Obergeschoss diente als Kapelle.
Mehrere Indizien im Havelberger Grabungsbefund lassen vermuten, dass die Kapelle nie fertiggestellt wurde. Der Ausgräber U. Fiedler und die Museumsleiterin A. Reichel nehmen an, dass es sich bei diesem Bau um die vom Domdekan Petrus Conradi etwa Mitte des 16. Jh. in Auftrag gegebene Marienkapelle handelt. Vermutlich wurde der Bau zu seinen Lebzeiten begonnen, war aber bei seinem Tod noch nicht vollendet, so dass Conradi in der südlichen Kapelle am Dom bestattet wurde. Mit dem Übertritt des Havelberger Domstifts im Jahr 1571 zum reformierten Glauben, wurde der unvollendete Kapellenbau überflüssig, da die Protestanten das Sammeln der Knochen in Beinhäusern ablehnten. Der Kapellenrohbau wurde vermutlich zu dieser Zeit rückgebaut und das Areal wieder zum Friedhof. Die Gräber, die bei der Freilegung des Fundaments ausgegraben wurden, stammen aus dieser Zeit.


Rechts eines der bei der Ausgrabung dokumentierten Skelette (zur Vergrößerung das Bild anklicken).