Ein Einzelfund römischer Herkunft


In den Jahren vor 1888 fand der Färbermeister Mertens aus Wusterhausen direkt am Havelberger Dom einen blauen Stein mit einer feinen Figurendarstellung, den er aufbewahrte. Später gelangte der Stein zum Gerichtssekretär und Heimatforscher Karl Altrichter, der 1888 in der Zeitschrift für Ethnologie über den Fund berichtete. Einen Wikipediaeintrag über Altrichter gibt es hier, der Bericht ist online verfügbar, siehe den Link in der Literaturliste.
Der Stein ist eine Glasgemme aus den ersten Jahrhunderten nach Christi Geburt, der römischen Kaiserzeit. Altrichter interpretierte das Stück als Kopie eines römischen Originals. Die Gemme ist etwa 4 mm dick, sie ist von ovaler Form und würde gut auf einen Ring passen. Der Durchmesser an der unteren Seite liegt bei 20 bzw. 25 mm, auf der oberen Seite bei 12 bzw. 15 mm. Vermutlich wurde die Darstellung nicht geschliffen oder graviert, sondern in die noch weiche Glasmasse gestempelt. Die Farbe des Glases ist dunkelblau und gegen das Licht durchscheinend.
Die Szene zeigt drei Männer, ein Rind und rechts vermutlich einen Altar. Altrichter deutete die dominierende Figur in der Mitte als Priester, der das Tier opfern wird, den Mann rechts als seinen Gehilfen, der mit der Rute das Tier treibt und die linke Person als den Besitzer, der das Opfer in Auftrag gibt.
Leider ist nur eine Schwarzweisszeichnung des Stückes erhalten. Aufgrund von Vergleichstücken wurde die Zeichnung im Bild oben farblich angepasst.

Gegenstände aus dem römischen Raum finden sich an vielen Fundplätzen der ersten nachchristlichen Jahrhunderte. Sie wurden entweder von Händlern importiert, oder kamen als Eigentum germanischer Männer, die im römischen Militärdienst standen, in den Elb-Havel-Raum. Die Fundumstände der Havelberger Glasgemme sind unklar; ein kaiserzeitlicher Siedlungs- oder Bestattungsplatz ist im Bereich des Doms nicht bekannt. Daher ist auch nicht auszuschließen, dass das Schmuckstück erst sehr viel später nach Havelberg gelangte.

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