Archäologie von Ketzin
Slawen in Ketzin
Visuelle Archäologie
Ketzin - der slawische Burgwall


(Fundplatz Ketzin 1)

Im Jahr 1884 berichten Rudolf Virchow und Edmund Krause vor der Berliner Anthropologischen Gesellschaft von der bereits 2 Jahre dauernden Zerstörung dieses Bodendenkmals:

"Eine gründlichere Zerstörung ist freilich wohl noch nirgends an einem unserer alten Burgwälle vorgenommen worden, denn das eigentliche Objekt der Förderungsarbeiten, der Thon zum Ziegelbrennen, lag in dem Untergrunde, und es war nöthig, um zu demselben zu gelangen, erst die ganze Höhe der Wallaufschüttung abzutragen und nachher den Schutt wieder in die Gruben zu versenken, aus denen man den Thon gehoben hatte." (Virchow, 1884, S. 51).

Vor der endgültigen Zerstörung kann Krause das monumentale Erdwerk noch untersuchen.
Nach seinen Angaben war der Wall leicht oval mit einem Durchmesser von 160 m in Ost-West- und 120 m in Nord-Süd- Richtung. Im Jahr 1882, als die Untersuchung stattfand, betrug die Höhe des Holz-Erde-Walls noch 7,5 m.
Die Anlage bildete eine Halbinsel in der Havel und war zur Landseite hin durch zwei Gräben und einen Vorwall geschützt.

Beim Abbbau des Walls und der Innenfläche wurden Kulturschichten mit einer große Zahl an Keramik, Holz, Knochen und Metall beobachtet. Interessante Stücke gingen in verschiedene Privatsammlungen oder wurden vom Ziegeleibesitzer Albrecht an das Völkerkundemuseum Berlin verschenkt. Die Tierknochen wurden eingesammelt, wöchentlich ca. 250-350 kg, und an Düngemittelfabriken verkauft.



Bei der Untersuchung durch Virchow und Krause konnte ein Schnitt durch Wall, Vorwall und Gräben und einige Plana innerhalb des Walls dokumentiert werden (siehe die Abbildung in der ZfE). Virchow und Krause konnten zeigen, dass die ältesten Funde eisenzeitlich sind und damit eine vorslawische Siedlung belegen.
Darüber lag eine erste, altslawischen Kulturschicht mit Siedlungsgruben; diese Siedlung war unbefestig und wurde erst bei der folgenden Errichtung des Walls überdeckt. Der Hauptwall erwies sich als zweiphasig; in der jüngeren Phase war der Wall durch Längsriegel und vorgesetzte spitze Palisaden gesichert.

Im Innenraum der Burg wurden mehrere Backöfen, starke Kulturschichten und Skelette, dazu drei isolierte Schädel mit schweren Verletzungen aufgefunden. In den obersten abgetragen Schichten fanden sich Reste aus dem deutschen Mittelalter (Zusammengefasst nach Virchow/Krause, 1884). Grebe deutet im Corpus (77/36) die Anlage als altslawische Siedlung, die zur Burg befestigt wurde; im 10. Jh. nimmt er eine - temporäre - deutsche Burg an.

Heute gehen wir davon aus, nicht zuletzt durch umfangreiche dendrochronologische Untersuchungen, dass der Großteil der slawischen Burganlagen frühestens ab Ende des 9. Jh. entstand.


Quelle:

Krause / Virchow, 1884, Zeitschrift für Ethnologie 16, S. 46 ff,
auch als online-Dokument zugänglich
Corpus archäologischer Quellen zur Frühgeschichte auf dem Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik (7. bis 12. Jahrhundert), 3. Lieferung, 1979, Textband, Tafelband

Zu slawischen Burgen siehe: Brather, 2008, Archäologie der westlichen Slawen, Kap. 16 Burgwälle und Befestigungen.

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