Archäologie von Ketzin
Slawen in Ketzin
Ketzin 18, slaw. Gräberfeld
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Ketzin, Fundplatz 18, ein slawenzeitliches Körpergräberfeld

Der Bestattungsplatz liegt im Altstadtbereich von Ketzin am Hang der Havelniederung, die an dieser Stelle eine sumpfige Bucht bildet und den Stadtkern im Norden umschließt. Der Hang steigt hier recht flach vom Havelniveau bei etwa 30 Höhenmeter bis zum 10m höher gelegenen Krikelberg an. Etwa 2m über Havelniveau verläuft die Rathausstraße, möglicherweise in einer natürlichen Mulde, quer zum Hang. Sicherlich wurde hier das Gelände in den vergangenen Jahrhunderten mehrfach umgestaltet und überprägt, nicht zulezt bei der Anlage der Freilichtbühne unterhalb der Rathausstraße. Dabei wurde eine Bühne am Niederungsfuß errichtet und der Hang mit den Zusschauerrängen belegt. Als Abschluss des Areals zum Hof und zur Straße hin wurde ein ca. 1,5m hoher Wall aufgeschoben. Aus der Zeit dieser Bauarbeiten liegt die Fundmeldung über zwei Körpergräber vor.
Zum Zeitpunkt der hier dokumentierten Bauarbeiten 2011/12 wurde die erfasste Bestattungsfläche im Nordosten durch ein Gebäude und im Nord / Nordwesten durch den Wall der Freilichtbühne begrenzt. Dadurch konnten in diesen Richtungen keine Grenzen der Grabbelegung erfasst werden. Auch nach Westen bzw Nordwesten bleiben die Grenzen unklar, da hier die Eingriffstiefe zu gering war und die alte Hofplanierung nicht vollständig entfernt wurde.
Auf der Karte links ist die Situation dargestellt. In Grün der Wall, braun das Gebäude und in Grau die Reste der Hofplanierung oder anderer Störungen. Nach Süden hin deutet sich durch zwei dokumentierte Gräbchenreste mit Bauschutt eine Mauer an, die noch bis ins 20. Jh. stand und das Bühnenareal abgrenzte. Erstaunlicherweise scheint hier auch die Grenze des Gräberfeldes zu verlaufen, zumindest im recht kleinen Bereich des erfassten Abschnitts.

Die Karte links ist interaktiv. Wenn sie den Mauszeiger über der Karte bewegen, erscheinen vergrößert die Einzelbefunde. Bei Anklicken der links erscheinen die jeweiligen Befundbeschreibungen und anthropologische Daten. Die Karte ist stark schematisiert, der ungestörte Boden einheitlich gelblich, die Grabgruben einheitlich braun. Steine sind grau, Keramik rot, Brandlehm ockerfarben und Eisenobjekte rostrot gezeichnet.

Die dokumentierten Gräber sind sehr einheitlich, so wie es dem christlichen Grabritus entspricht. Die Körpergräber waren in NW-SO Orientierung angelegt, die Toten lagen in gestreckter Rückenlage. Lediglich in einem Grab waren partiell Holzspuren erkennbar, die an einen Sarg denken lassen. Immerhin wurden in vier von 26 dokumentierten Bestattungen neben den Knochen noch weitere Gegenstände gefunden; ein Schläfenring (Grab 52), 10 Glasperlen (Grab 44), nicht identifizierbaren Eisenobjekte (Grab 26) und Eierschalenfragmente (Grab 48). Aus der alten Fundmeldung wissen wir, dass bei mindestens zwei weiteren Toten Buntmetall im Schläfenbereich verortet war. Die Belegung ist locker in ungefähren Reihen, einige Gräber überschneiden sich. Die erhaltene Tiefe der Gräber von meist nur 60cm ist sicher den diversen Bauarbeiten der späteren Jahrhunderte geschuldet, ebenso die z.T. deutlichen Störungen am westlichen Rand der Fläche. Eine Belegungsdichte und -dauer des Gräberfeldes läßt sich nur grob abschätzen. Wird die untersuchte Fläche mit etwa 118qm veranschlagt, liegt die Dichte bei 2,2 Gräber pro 10qm (zum Vergleich: Die slawenzeitlichen Körpergräberfelder von Plaue und Wusterhausen hatten ca. 1,7 bzw. 1,5 Gräber auf 10qm). Die mehrfachen Grabüberschneidungen bzw. eventuelle Nachbestattungen zeigen an, das die Begräbnisse nicht zum selben Zeitpunkt vorgenommen wurden. Die Körper in den älteren Gräbern waren immerhin schon so weit vergangen, dass die Knochen einzeln verlagert werden konnten.
Neben den Gräbern wurden einige Pfostenlöcher dokumentiert, von denen eine Sechsergruppe besonders auffällt. Das Areal um die Pfosten bleib frei von Gräbern, was Zufall sein kann, aber auch ein Hinweis auf eine zeitgleichheit mit den Bestattungen. In diesem Fall hätte ein kleines Gebäude auf den Friedhof gestanden, bei dem es sich wohl um einen Sakralbau gehandet hat. Derartige Sechsergruppen von Pfostenspuren sind allerding auch typisch für eisenzeitliche Siedlungsplätze, sie werden als tragende Konstruktion für erhöhte Speicherbauten gedeutet. Eisenzeitliche Siedlungsspuren sind in der Altstadt von Ketzin nachgewiesen.
Leider ist nicht nur die Datierung der Pfostenspuren unklar. Auch die Feindatierung der Gräber bleibt offen. Wir haben in Ketzin, wie im ganzen Norden der ehemaligen DDR nach der ersten Christianisierung und dem Slawenaufstand eine etwa 150jährige Periode der Unabhängigkeit von christlichen Feudalstrukturen. Erst ab 1150 n.Chr. konnte das deutsche Reich die unabhängigen Stammesgebiete erobern; ab dann wurde das Christentum und damit christliche Bestattungssitten sicher rigide durchgesetzt. Auch in der ersten Phase vor dem Slawenaufstand ist von christlichen Körpergräbern auszugehen und sogar in den 150 Jahre der Unabhängigkeit wurden zu einem offensichtlich großen Teil weiter christlich bestattet. Aus dieser Situation und dem Fehlen klar datierbarer Beigaben ist die genaue zeitliche Einordnung nicht möglich.

Vermutlich wurden Teile des Friedhofs durch die füheren Baumaßnahmen - neben dem Bau der Freilichtbühne gab es wohl einige Bautätigkeiten in den Kriegsjahren - und besonders durch die Planierung des Hofs im 20. Jh. zerstört. Es muss relativ viel Boden abgeschoben und durch eine schwarze Sand/Schotter/Schlacke - Mischung ersetzt worden sein. Wenigstens an einer Stelle war ein Grab zu Hälfte durch diese Schicht zerstört. Die Tiefe der Gräber unter dem Hofniveau vor Beginn der Baumaßnahme lag stellenweise bei nur 30-40 cm.