Archäologie von Ketzin
Slawen in Ketzin
Siedlungsbefunde am Uferweg
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Befund 39, Keramik

Anders als bei Grabungen in Gräberfeldern, finden sich in Siedlungen nur sehr selten vollständige, unzerstörte Gefäße. Das in unserem Siedlungsbereich am besten erhaltene Fragment stammt aus Befund 39 und ist links zu sehen. Das Profil ist an einer Stelle vollständig vom Rand bis zum Boden erhalten; auf der Unterseite befindet sich ein Bodenzeichen. Diese für slawische Keramik charakteristischen Abdrücke kommen regelmäßig, aber doch selten genug vor und stellen immer eine Besonderheit dar.
In der direkt neben Befund 39 liegenden Grube 39A fand sich ein zweiter Gefäßboden mit Bodenzeichen. Vom Gefäß ist nur ein grobes, unverziertes, konisches Unterteil und der konkave Boden erhalten.

Das Gefäß aus Bef. 39 ist ein einfacher, weitmundiger Topf oder Napf, 10,2cm hoch, der Bodendurchmesser liegt bei 9,2cm, der Mündungsdurchmesser bei 20,8cm. Die Form ist einteilig konisch, der Rand mit einer Außenfacette profiliert. Die Machart ist grob, der Ton hart gebrannt; die Magerung dürfte aus Granitgrus mit einem deutlichen Glimmeranteil bestehen. Die Färbung ist hell rötlich bis grau; einige wenige senkrechte Rillen stellen die einzige Verzierung dar. Der obere Teil des Gefäßes wurde auf einer langsamen Töpferscheibe flüchtig nachgedreht, die Außenfacette des Randes recht sorgfältig geformt. Zusätzlicher Beleg für die Bearbeitung auf einer Töpferscheibe ist das Bodenzeichen auf der Unterseite.

Gefäße dieser Art kommen im Slawischen Raum häufig vor und sind für das Havelland auch als Grabbeigaben mehrfach beschrieben (siehe Literatur); sie datieren in die mittel- und jungslawische Phase und damit den Zeitraum vom 9. bis 12. Jh.

Bodenzeichen sind seltsamerweise immer an die Bearbeitung auf einer Töpferscheibe gebunden, obwohl eine Ritzung von Zeichen in den Boden eines handgetöpferten Gefäßen genauso möglich wäre. Die beiden am Uferweg gefundenen Böden und Zeichen unterscheiden sich stark. Ein Boden ist flach, das Zeichen besteht aus einem Kreuz, das über 6 konzentrischen Kreisen liegt. Die etwa 3mm breiten Riefen von Kreisen und Kreuz sind in den Ton eingedrückt. Anders beim zweiten Zeichen, bei dem ein Kreuz mit kreuzförmiger Umrandung (Vierpass) dargestellt ist, beide treten plastisch aus dem Boden hervor. Die Standfähigkeit wird dadurch aber nicht beeinträchtigt, da der Boden konkav ist und das Gefäß lediglich auf dem Bodenrandring aufliegt. Klaus Grebe und Richard Hoffmann (1964) stellen in ihrer Publikation slawischer Grabfunde aus dem Havelland ein Beigefäß aus Grab 73 des Gräberfeldes Fahrland mit einem sehr ähnlichen, wenn nicht dem gleichen Bodenzeichen vor.

Literatur:
Grebe / Hoffmann, 1964, Slawische Grabfunde von Fahrland, Ketzin und Phöben, Veröffentlichungen des Museums für Ur- und Frühgeschichte Potsdam, Bd. 3
Niemeyer, 2007, Fünf von Funfundzwanzig, in: Biermann / Kersting, Siedlung, Kommunikation und Wirtschaft im westslawischen Raum.


Eine dreidimensionale Darstellung des Gefäßes kann hier angeklickt werden, die allerdings nur bei OpenGL-fähigen Browsern funktioniert

Oben: Der weitmündige Topf aus Befund 39.
Unten: Die beiden Gefäßböden aus Befund 39 (links) und 39A (rechts). Die Ansichten lassen sich durch Anklicken vergrößern.